Tipps für Patient:innen

Der Arzt als Partner. Miteinander reden ist wichtig!
Die Zusammenarbeit zwischen Ärzt:in und Patient:in im Rahmen einer Krebserkrankung ist eine große Herausforderung für beide Kommunikationspartner. Zu irgendeinem Zeitpunkt realisiert jede:r Behandler:in, dass es in der Therapie neben der Wahl der richtigen Methode vor allem darauf ankommt, den Patienten auf der Ebene von Mensch zu Mensch zu erreichen.

Patienten brauchen neben der fachlichen Kompetenz der Ärzte vor allem Fürsorglichkeit,Verständnis und Mitgefühl.

Patientenleitfaden herunterladen (PDF)

Viele Patient:innen und Angehörige kommen zu uns und sind sehr frustriert, weil im Krankenhaus niemand mit ihnen spricht. Es herrscht permanenter Zeitmangel, Ärzt:innen haben viel zu tun und leider bleibt da oft der Patient mit all seinen Fragen und Anliegen auf der Strecke.
Bei der Verständigung zwischen Ärzt:in und Patient:in gibt es verschiedene Hürden. Diese Hürden lassen sich nehmen, wenn man sie kennt:

Wissensstand über die Erkrankung:

  • Ärzt:innen beschäftigen sich seit vielen Jahren mit Krankheitsbildern und Therapiemöglichkeiten. Sie haben also dem Patienten gegenüber einen enormen fachlichen Vorsprung. Der Patient war bis zum Zeitpunkt der Diagnose meist noch überhaupt nicht mit dem Thema Krebs beschäftigt und weiß natürlich noch nicht so viel.
  • Was für den Arzt alltägliche Routine ist, ist für den Patienten „Neuland“. Alles ist unerwartet, unbekannt und meist auch sehr bedrohlich.
  • Es besteht ein Informationsgefälle. Der Arzt verwendet eine eigene Sprache und spricht meist in Fachausdrücken, die der Patient nicht verstehen kann.
  • Es besteht ein hierarchisches Gefälle. Ärzte werden immer noch oft als „Götter in Weiß“ gesehen und viele Patienten schreiben den Ärzten Allmächtigkeit zu.
  • Der Krankenhausbetrieb verunsichert Patienten. Von einem Moment zum anderen werden Menschen aus dem Alltag herausgerissen und müssen sich an den „Apparat Krankenhaus“ gewöhnen.

- Sehen Sie in Ihren behandelnden Ärzt:innen Partner und Helfer, deren Wissen wichtig für Sie ist.
- Stellen Sie Ärzte auf kein Podest, sie sind nicht allmächtig und wissen auch nicht alles.
- Sprechen Sie mit Ihren Ärzt:innen und sagen Sie Ihnen, was Sie brauchen.

Tragen Sie selbst Ihren Teil dazu bei, dass die kurze Zeit, die leider oft nur für ein Gespräch zur Verfügung steht, gut genützt werden kann.

Vorbereitung auf ein Gespräch

  • Notieren Sie sich Fragen, die wichtig für Sie sind.
  • Stellen Sie sicher, dass das Gespräch mit dem Arzt in einer geeigneten Umgebung und nicht zwischen Tür und Angel stattfinden wird.
  • Wenn sie beim Gespräch nicht alleine sein wollen, nehmen sie einen Angehörigen oder Freund mit. Meistens hören vier Ohren mehr als zwei.
  • Nehmen Sie sich zum Gespräch etwas zum Schreiben mit und machen Sie sich Notizen.

Die Gesprächsführung

  • Achten Sie darauf, dass Sie verstehen, was der Arzt Ihnen sagt und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen.
  • Lassen Sie sich unbekannte Fremdwörter erklären.
  • Lassen Sie sich, wenn möglich, die geplante Therapie bildlich darstellen (z.B. was wird bei der Operation genau gemacht).
  • Reden Sie mit dem Arzt neben dem körperlichen Zustand auch über Ihre seelische Situation – über ihre Ängste, Befürchtungen, Gefühle.
  • Erbitten Sie Bedenkzeit, wenn Sie nicht sofort entscheiden können oder wollen, zu welcher Maßnahme Sie sich entschließen.

Gesprächsatmosphäre:

  • Die Gesprächspartner sollten sich – wenn möglich – auf gleicher Augenhöhe unterhalten. Sollten Sie liegen oder sitzen und der Arzt stehen, dann blickt er auf sie hinunter; das stört das gleichberechtigte Gespräch.
  • Suchen und halten Sie Blickkontakt mit dem Arzt.
  • Achten Sie darauf, ob Sie den Erklärungen folgen können, die der Arzt macht und unterbrechen Sie, wenn Sie Schwierigkeiten haben ihn zu verstehen.
  • Lassen Sie den Arzt ausreden und fordern Sie das auch für sich ein.
  • Teilen Sie dem Arzt mit, wenn Sie Vorschläge nicht gut finden oder eine Therapie ablehnen.
  • Sollten Sie zu emotionsgeladen sein, vertagen Sie das Gespräch lieber.

Sie haben immer das Recht eine zweite Meinung einzuholen, bevor Sie sich für eine der vorgeschlagenen Therapien entscheiden.

Folgende Fragen können Sie stellen und vom Arzt eine Antwort erhalten:
(das ist nur eine kleine Auswahl an möglichen Fragestellungen)

  • Wo genau befindet sich der Tumor?
  • Wie groß ist der Tumor?
  • Haben sich Absiedelungen (Metastasen) gebildet?
  • Wie sieht zur Zeit eine Standardbehandlung für diesen speziellen Tumor aus?
  • Gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden mit ähnlichen Behandlungsergebnissen?
  • Welche Vor– bzw. Nachteile der einzelnen Behandlungsmethoden gibt es?
  • Mit welchen Nebenwirkungen muss ich während der Behandlung rechnen?
  • Hat die Behandlung Auswirkungen auf meine Stimmungslage?
  • Hat die Behandlung Auswirkungen auf die Sexualität und die Fruchtbarkeit?
  • Was passiert, wenn ich mich nicht so behandeln lasse, wie Sie es mir vorschlagen?
  • Können Sie mir Selbsthilfegruppen nennen?
  • Können Sie mir eine Beratungsstelle nennen?
  • Können Sie mir Psychoonkologische Betreuung nennen?
  • Wo kann ich eine zweite Meinung einholen?
  • Haben Sie Informationsmaterialen?

Haben Sie keine Angst davor, aufdringlich oder "lästig" mit ihren Fragen zu sein oder den Arzt auch mehrmals dasselbe zu fragen!

Bei folgenden Fragen bekommen Sie keine eindeutige und allgemeingültige Antwort - weder von Ihrem Arzt - noch von den Angehörigen, noch von Psychologen.
Diese Fragen bleiben meist offen, denn wie eine Krankheit verläuft, ist in jedem Fall verschieden und nicht immer vorhersehbar.

  • Warum bin gerade ich krank geworden?
  • Habe ich etwas falsch gemacht?
  • Was wird mit mir und meiner Familie in Zukunft passieren?
  • Wie wird sich meine soziale/berufliche Situation entwickeln?
  • Bin ich nach der Behandlung geheilt?
  • Werde ich sterben?
  • Wie geht mein Leben weiter?
  • Wie lange werde ich noch leben?

Drängen Sie Behandler nicht dazu, diese Fragen zu beantworten, denn es ist nicht möglich eine „richtige“ und einzig „wahre“ Antwort zu geben.
Wie schon erwähnt, ist der Arzt nicht allwissend und kann ihnen diese Fragen auch nicht beantworten.

Viele Fragestellungen verändern sich im Krankheitsverlauf

1. Während der Behandlung liegt der Schwerpunkt meist auf den medizinischen Maßnahmen und deren Folgen. Hier ist die Arzt-Patientenkommunikation extrem wichtig.

2. Nach der Behandlung stehen oft Fragen im Vordergrund, die die psychische Befindlichkeit betreffen. Hier ist das Problem, dass Patienten sich oft sehr alleine gelassen fühlen.

In der Nachsorge geht es um folgende Fragen:

  • "Wie lebe ich weiter?"
  • "Wie verarbeite ich das Geschehene?"
  • "Was kann ich selbst tun, dass es mir wieder besser geht?"

Oft fallen Patienten nach der Behandlung in ein schwarzes Loch. Das Sicherheit gebende "System Krankenhaus" fällt weg und das Vertrauen in den eigenen Körper und in die Gesundheit ist noch nicht gefestigt.
Das ist eine schwierige und häufig auch von Instabilität geprägte Phase.

Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen und Freunden und sprechen Sie mit Ihren Ärzten über Ihre Gedanken und Gefühle. Falls Sie das Gefühl haben, niemand versteht Sie so richtig, suchen Sie Hilfe im Beratungszentrum der Österreichischen Krebshilfe Wien.

3. Die Krankheit schreitet fort  

  • Patienten haben sich sehr belastenden und mühevollen Behandlungen unterzogen, um wieder gesund zu werden, nun scheint alles umsonst gewesen zu sein. Diese Tatsache ist frustrierend und kann auch zu Depressionen führen.
  • Die Arzt-Patienten Kommunikation ist in dieser Phase auch wieder besonders wichtig.
  • Schwierig kann sich die Kommunikation nun auch deshalb gestalten, weil die Ziele von Ärzten nicht immer mit denen der Patienten ident sind.
  • Es kann z.B. sein, dass der Arzt die Hoffnung auf Heilung nicht mehr hat, da sie unrealistisch geworden ist, der Patient jedoch vom Arzt "fordert", ihn zu heilen.
  • Das kann zu Konflikten führen.
  • Für eine weitere Zusammenarbeit müssen Arzt und Patient ein gemeinsames Ziel festlegen. Der Arzt benötigt hier viel Feinfühligkeit und Respekt dem Patienten gegenüber und der Patient braucht ein gewisses Maß an Realitätssinn und auch Vertrauen in den Arzt. So kann sich z.B. die Frage stellen, ob es nun um realistische Heilungsversuche, oder um die Linderung von Beschwerden geht?

Mut, Selbstbewußtsein und Offenheit sollten das Gespräch eines Patienten mit seinem Arzt kennzeichnen. Es ist Ihr Recht als Patient!

Zusammenfassend ist zu sagen:

  • Betrachten Sie Ihre Ärzte als Ihre Partner auf dem Weg durch die Erkrankung und sehen Sie die Ärzte nicht als allmächtige und allwissende Personen.
  • Trauen Sie sich, Fragen zu stellen und bei Bedarf auch mehrmals nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstehen.
  • Sie haben ein Recht auf die Beantwortung Ihrer Fragen.
  • Ihre Ärzte können allerdings nicht alle Fragen beantworten, vor allem die Frage nach dem "Warum gerade ich?" bleibt unbeantwortbar.
  • Holen Sie eine zweite Meinung ein, wenn Sie unsicher sind.
  • Das Gefühl der Hilflosigkeit macht ohnmächtig. Teilen Sie sich mit, sprechen Sie über Ihre Ängste, Gedanken und Gefühle.